CHGEOL
CHGEOL

6. Schweizerischer
Geologentag
und GEOL_BIM

23./24. März
2022
Trafo Baden

© Bernhard Dräyer, CEO In-terra GmbH

Referent Bernhard Dräyer

Zurück

11.09.2020

 

Vom Multikopter zur disziplinübergreifenden «Machine Learning Software»

Von einer tiefgreifenden Transformation des Geologenberufes in der digitalen Welt ist Bernhard Dräyer überzeugt. Er ist CEO der Pionier-Firma für Drohnenkartierung und Head of R&D für Geotechnologien. Seine Firma in-Terra ist mit seinen innovativen Technologien führend auf dem Weg ins digitale Zeitalter.

Franz Schenker hat unserem Referenten vom kommenden Geologentag Fragen zur digitalen Zukunft der Geologie und des Geologenberufs gestellt. 

 

Interview: Franz Schenker

Franz Schenker: Du bist ein Pionier bei der Beschaffung von digitalen geologischen Daten. Wie bist Du dazu geworden? Was ist der Anreiz? Wie ist die Nachfrage für Deine Arbeit mit digitalen Daten?

Bernhard Dräyer: Alles begann im 2005 mit der Entwicklung/dem Eigenbau eines kamerabestückten Multikopters (heute Drohne genannt) und dem damals wohl erstmals erfolgten Einsatz einer Drohne in der digitalen Photogrammetrie. Es war naheliegend, diese neue digitale Technologie zur Erfassung von Naturgefahrenereignissen, zu geologischen Kartierungen, zu strukturgeologischen Analysen und zum Monitoring von schwer zugänglichen Stellen im Gebirge einzusetzen. Der nächste Schritt war die Entwicklung von webbasierten Geoportalen, sowie eigener IoT-Monitoringsysteme und Datenübertragungsnetzwerke.

Die Triebfeder ist zum einen mein persönliches Interesse an der Entwicklung innovativer technischer Lösungen. Zusätzlich wird die Digitalisierung zunehmend eine Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Geologieunternehmen. Wer Unternehmerisch (insbesondere als Geologe) erfolgreich sein will, dem bietet die Digitalisierung neue Perspektiven. Die Nachfrage für digitale (Grundlagen)Daten im engeren Sinn entwickelt sich wenig. Die Nachfrage für E2E Digitalisierungslösungen ist in den letzten Jahren hingegen stark gestiegen, da sich erst bei Gesamtlösungen grosse Wertehebel entfalten.

In Deinem Gebiet hast Du Spezialitäten. Wirst Du das Angebot erweitern? In welche Richtung?

Unser Fokus liegt auf dem Ausbau unserer digitalen E2E Gesamtlösungen und den damit verbundenen Dienstleistungen. Technologisch geht die Tendenz aktuell Richtung Machine Learning und KI. Diese Werkzeuge werden dem Spezialisten und Endkunden Entscheidungshilfen auf einem gänzlich neuen Niveau bieten.

Wie sollten Fachleute der Erdwissenschaften ausgebildet werden, damit aus den digitalen Daten geologische Informationen, Wissen und Handlungsempfehlungen entstehen?

Ich möchte 3 Themen nennen, welche bei der digitalen Transformation in den angewandten Erdwissenschaften zunehmend eine zentrale Rolle spielen und entsprechendes Gewicht in der Ausbildung erhalten sollten:

1) Um die stetig wachsenden und komplexer werdenden geologischen Datenmengen aufzubereiten, auszuwerten und zu visualisieren, sind solide Programmierkenntnisse unabdingbar. Nur so lässt sich das Potential der heute verfügbaren, hocheffizienten und mächtigen Geotools umfänglich nutzen. Mit herkömmlicher Excel-Klempnerei gerät man bei anspruchsvollen Fragestellungen mittlerweile rasch an Grenzen.

2) Eine weitere Grundvoraussetzung im digitalen Geologenzeitalter sind 3D Modellierungsfähigkeiten zur Nachbildung/Parametrierung des geologischen Untergrundes und der Geländeoberfläche. Die digitale Geologie wird zunehmend im 3D- bzw. 4D-Raum stattfinden.

3) Als dritte Kompetenz möchte ich umfassende (digitale) Schnittstellenkenntnisse zu Nachbardisziplinen wie z.B. der Vermessung, dem Geomonitoring, dem Bauingenieurwesen, der Geoinformatik und dem Umweltingenieurwesen erwähnen. Der zukünftige Geologe wird nicht nur digitaler, sondern auch multidisziplinärer unterwegs sein.

Ich weiss nicht, wie Du/ihr dies macht: Transferiert ihr die Daten selbst zu Handlungsempfehlungen, oder wird die Daten-Aquisition von der Umwandlung in Wissen und Handlungsempfehlungen getrennt?

in-Terra verbindet bis anhin beides, weil das Bedürfnis am Markt besteht. Mit zunehmender Professionalisierung und Digitalisierung ist denkbar, dass seitens der Leistungserbringer auch eine Spezialisierung stattfinden wird. Es ist möglich, dass Datenerhebung und geologische Interpretation bzw. Beratung in Zukunft stärker getrennt werden.

Was wäre notwendig, damit die digitale Transformation so richtig in den Berufsalltag der (angewandten) Erdwissenschaft integriert wird.

Dazu kommen mir spontan folgende Stichworte in den Sinn:

In der Praxis:

  • Standardisierung und Normierung von (digitalen) Erfassungsmethoden und Prozessen
  • Bessere Verfügbarkeit von digitalen Grundlagendaten (= open data Initiativen)
  • Explizite Forderung nach digitaler Leistungserbringung bereits auf Ausschreibungsstufe
  • Integration der digitalen geologischen Daten in das Gesamtprojekt (Stichwort BIM) bzw. verstärkter digitaler Datenaustausch mit den Nachbardisziplinen

Auf Seite der Ausbildung:

  • Entstaubung des Berufsbildes, um technologieaffine Talente für das Studium zu begeistern
  • Starker Fokus auf digitale Themen im Studiengang, insbesondere was die angewandten Erdwissenschaften betrifft

Bei alldem muss man sich bewusst sein, dass die digitale Transformation als Entwicklungsprozess verstanden werden muss. Das Rollenmodell der gesamten Industrie ist im Umbruch. Das klassische Geologieunternehmen muss sich vor diesem Hintergrund neu erfinden. Für die innovativen Unternehmen und Geologen sehe ich das als Chance.

Arbeitet ihr mit den Hochschulen/Universitäten zusammen? Wenn ja, was kommt dabei heraus? Wenn nein, warum nicht?

Wir pflegen langjährige Partnerschaften mit mehreren Fachhochschulen aus verschiedenen Ingenieurdisziplinen. Im Zentrum steht dabei einerseits die gemeinsame Erprobung/Erforschung von neuen Technologien anhand von Prototypen. Andererseits haben wir aktuell ein Innosuisse-Projekt zum Thema Machine Learning / KI in der Entwicklungs-Pipeline, wobei hier nicht bloss ein Prototyp, sondern eine marktreife Software resultieren wird. Des weiteren begleiteten wir als Betreuer und Experten zahlreiche Bachelor- und Masterarbeiten. Hier steht naturgemäss die Vermittlung von praxisnahem Know-How an Studenten bzw. zukünftige Fachleute im Vordergrund.

Bernhard Dräyer

Gründer und CEO der in-terra GmbH
R&D / Innovation Lead

Ausbildung
MSc in Geologie, kommerzieller Pilot

Erfahrung
+20 Jahre in angewandter Geologie, Entwicklung von Geodaten-Software, 3D-Modellierung, UAV-Kartierung, Drohnenbauer

www.terryx.ch
Terryx ist eine Branchenlösung der Firma in-Terra mit Hauptsitz in der Schweiz. Innovative digitale Lösungen in den Disziplinen Geoinformatik, Web- und Mobile Solutions, Drohnenvermessung, IoT-Messtechnik, Data Analytics sowie Machine Learning.

www.terryx.ch