CHGEOL
CHGEOL

6. Schweizerischer
Geologentag
und GEOL_BIM

23./24. März
2022
Trafo Baden

© Geoprofile GmbH

Geoprofile – Bauen auf Wissen

Zurück

11.11.2020

 

«Mich reizt es, die teuren Methoden und Technologien aus dem Offshore-Bereich für kleine Projekte bezahlbar zu machen.»

Neue Untersuchungsmethoden für die Erkundung des Untergrundes werden in der Raumfahrt, aber vor allem seit langer Zeit in der Erdgas und -öl-Industrie entwickelt und angewandt. Mit Verzögerung erreichen solche Techniken auch kleinere Objekte. Hendrik Tuenter mit seiner Firma Geoprofile hat moderne Erkundungsmethoden bei über 1000 Projekten in der Schweiz angewendet. Franz Schenker hat sich mit ihm unterhalten.

 

Interview: Franz Schenker

Hendrik, bevor Du Deine Zelte in der Schweiz aufgeschlagen hast, warst Du in verschiedenen anderen Ländern tätig. Wie unterscheidet sich deine Arbeit von anderen Ländern mit jener in der Schweiz und seiner Geologieszene?

Hendrik Tuenter: Ich habe meine Geotechnik-Wurzeln im Bereich Off- und Nearshore. Für die Gründung von Ölplattformen mussten wir den Meeresboden in der Nordsee untersuchen, oder für neue Hafenanlagen im Niger-Delta Messungen ausführen. Eine spannende Zeit! Was im Vergleich dazu in der Schweiz anders ist? Vor allem das verfügbare Budget. Im Energiesektor ist sehr viel Geld vorhanden, um auch die allerletzten Unsicherheiten auszuräumen. Denn wer möchte schon, dass seine Bohrplattform während einer windigen Oktobernacht umkippt und eine Umweltkatastrophe verursacht? Genau! Somit werden fast alle denkbaren Technologien bei einem Projekt eingesetzt. Neben Drucksondierungen waren das oft Bohrungen mit stattlichem Laborprogramm, Geophysikmessungen aller Art sowie exotischere in-situ Messungen wie Scherdrehflügel, T-Bar und Ballcone. Sehr lehrreich!

Du bist ein innovativer Kopf. Wie offen sind die Geologen und sonstigen Auftraggeber für Deine neuen Untersuchungsmethoden?

Sehr! Unsere Auftraggeber haben ein handfestes Interesse an guten Informationen, denn nur so kann man seine Kunden sinnvoll beraten und unterstützen. Diese Offenheit uns und unseren Produkten gegenüber hat es erst möglich gemacht, schnell Fuss zu fassen. Dafür bin ich jeden Tag dankbar! Mich reizt es auch, die teuren Methoden und Technologien aus dem Offshore-Bereich auch für kleine Projekte bezahlbar zu machen. Dazu experimentieren wir viel herum, wobei auch mal etwas «in die Hose» geht und gehen darf. Besonders stolz macht mich unser neuer LKW-Sondierwagen mit absenkbaren Raupenschiffen, welcher von unseren Maschinenbauingenieuren entwickelt und gebaut wird und voraussichtlich im April 2020 in Betrieb genommen werden kann!

Du kannst nun auf einige Jahre Geschäftserfahrung in der Schweiz zurückschauen. Wie beurteilst Du den Markt heute und in der Zukunft. Wirst Du eher konsolidieren oder planst Du einen Ausbau?

Corona macht es allen natürlich nicht einfach, aber trotzdem planen wir einen Ausbau. Dazu investieren wir sowohl in neue Gerätschaften, aber auch in neues Personal. Der ganzen Baubranche kommen sicher auch die Negativzinsen zugute, was ein grosser Treiber der regen Bautätigkeit ist. Pensionskassen und andere grosse Vermögensverwalter investieren zurzeit gerne in «Betongold», und auch bei den Geschäftsimmobilien läuft dank online-Versandhäusern und ihren grossen Lagerhallen doch einiges. Somit blicken wir zuversichtlich in die Zukunft!

Messen ist das eine, interpretieren und Handlungsempfehlungen machen das andere. Wo steht Ihr da?

Wir liefern Daten und leiten daraus Kennwerte ab. Eine Kernaufgabe von beratenden Geologen ist es jedoch, die verschiedenen und oft widersprüchlichen Informationen einzuordnen und zu einem belastbaren Modell des Untergrundes zusammenzufügen. Dabei spielen die Verlässlichkeit der Daten und die Benennung von möglichen Stör- und Fehlerquellen natürlich eine wichtige Rolle. Wir versuchen unsere Kunden aktiv beim Einordnen der Daten und der Bewertung von allfälligen Widersprüchen zu unterstützen. Dito bei den Handlungsempfehlungen: gerne denken wir aktiv mit, wie eine Lösung aussehen könnte. Das Herausdestillieren von Handlungsempfehlungen für den Bauherrn, welches immer in einem Spannungsfeld mit vielen Variablen und Interessen stattfindet, können wir unseren Kunden jedoch nicht abnehmen!

Bleibende Erlebnisse sind Sondagen wo Leitungen getroffen wurden. Hast Du da auch schon Ärger gehabt, wenn ja, weshalb und wie ist es ausgegangen?

Ich muss auf Holz klopfen, aber bisher haben wir nur einmal eine Wasserleitung beschädigt, und dies bei fast 2000 durchgeführten Sondierprojekten. Die Wahrscheinlichkeit, eine Leitung zu beschädigen, ist somit recht überschaubar. Aber natürlich, wenn es passiert, ist das recht ärgerlich und teuer. Viel mehr noch als Leitungen haben wir aber Respekt vor artesisch gespanntem Grundwasser. Zwar können wir solche Sondierungen gut abdichten, aber nur, wenn die Situation in Echtzeit vor dem Ziehen des Sondiergestänges erkannt wird. Fängt es an zu Sprudeln, wird es schnell sehr mühsam: nachträglich eine Bentonitabdichtung einzubauen ist fast unmöglich. So haben wir bei uns in Horw einmal in einem Untergeschoss sondiert, wo das Grundwasser fast zehn Meter artesisch gespannt war! Zum Glück wurden wir bereits vorgängig von unserem Kunden auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht, sodass man das Loch gut abdichten konnte, sonst hätten wir wohl das ganze UG geflutet! Somit sind wir immer extrem dankbar, wenn wir von unseren Kunden vorgängig informiert werden, dass artesisch gespannte Verhältnisse vorliegen könnten. Auf die gute Zusammenarbeit kommt es an!